Heidrun Kraft pflegt eine Malerei der Empfindsamkeit. Sie kultiviert
scheinbar alltägliche Eindrücke zu lebendigen, schnell erfaßbaren,spannungsvollen, in ihrer Schlichtheit unaufdringlich und
unübertrieben wirkenden Silleben. Die Wahl der Motive verrät etwas von
der Lebensart der Künstlerin, von ihrer Sensitivität und ihrem Spürsinn
sowie ihrer Unbeirrbarkeit beim Suchen und Finden ihrer Bildwelt. Gemalte Häuser sind additiv hintereinandergestaffelt, so daß sich vielfarbige Dachlandschaften aus diesem einfachen und durchschaubaren
Kompositionsschema ergeben. Hügel und Täler bedingen und ergänzen einander und verdichten sich mit Bäumen, Büschen, den Gestirnen und Wolken am Himmel zu farbig, pastelltonig gehaltenen Landschaften. Leichte Meloncholie und sanfte Wehmut schwebt über allem und assoziierte mir bei den Bildern mit Kanälen, die als Wasserarme straßengleich die Stadt durchziehen, den irgendwie französisch
anmutenden Klang einer auf dem Akkordion gespielten Melodie. "Sehr
hoch- oder sehr tief-erfahrenes Lebensgefühl gab ihr den Mut und die
Sicherheit, ganz unvermittelt, mit über dreißig Jahren,erste Bilder zu malen.
Auszug aus Rezension zur Ausstellung "Wortlos Sprechendes" von Heidrun Kraft in der Galerie Radebeul , Cornelia Wendt in Union Dresden 1988
Gespräche über Malerei mag sie nicht, sie wird unwillig dabei, es gibt
Wichtigeres zu bereden,und nach Wichtigerem braucht sie nicht zu
suchen, es brennt ihr unter den Nägeln, sozusagen. Immerzu ist Leben wichtiger, immerzu ereignet sich aufregendes, immerzu gibt es zu entdecken/ zu jubeln/ zu steiten/ zu schauen: zu tun!
Ihre Bilder malt H.K. also nicht der Kunst wegen,eher:um zu leben. So kann sie das Wichtige für sich selbst noch wichtiger machen; das lebens-defizit, die Sehnsucht,zu jener Intensität steigern,die sie eigentlich im Leben sucht. Oder, in einem anderen Vergleich zu sprechen: Es ist vom kreiselnden
Lebens-karrusell die Mitte, die scheinbar stillstehende aber alles
andere bewegende Mitte, aus der H.K. ihre Bilder gewinnt.Immer malt sie mit einem ganz bestimmten Erlebnis vor Augen, von dem sie sich anregen wie ausfüllen läßt: den Blick aus ihrem Schillerplatz-Dachfenster aufs "Blaue Wunder"; eine Bucht an der Küste auf Mönchsgut; die Zigarettenmoschee in der Dresdner Friedrichstadt. Alles bleibt treu kenntlich. Aber die Unbefangenheit der farblichen und zeichnerischen Verwandlung zeugt von der Tiefe und Kühnheit ihres inneren Erlebnisses. Heidrun Krafts Bilder haben einen dunklen aber
strahlenden Blick. Sie machen weder durch formale Neuheiten auf sich
aufmerksam noch durch "kühne" Thematik. Im Gegenteil: Alles erscheint
ganz selbstverständlich.Und doch können H.K.s. Bilder fesseln. Wenn man das Wort von der Bild-Sprache gebrauchen will, muß man sagen: es wird hier leise gesprochen, aber sehr lebendig erzählt!
Text aus Faltblatt zur Ausstellung Heidrun Kraft im Torhaus
Neubrandenburg, M. Blumhagen 12.3. 89